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Es war der 20. Oktober 2019, also ziemlich genau vor zwei Monaten, als ich am Sonntag Morgen beim gemütlichen Kaffee rein zufällig auf 3SAT eingeschaltet hatte und bei “Sternstunde Philosophie” beim SRF absolut gespannt dem schottischen Ökonomen GRAEME MAXTON lauschte… Das was MAXTON mit ernster Miene von sich gab, war keineswegs ein Sonntagsmorgen-Plausch – im Gegenteil: «Die Menschheit steht vor dem Kollaps», so MAXTON, ehemaliger Generalsekretär des Club of Rome. Angesichts der drohenden Klimakatastrophe übt er scharfe Kritik am modernen ökonomischen Denken und fordert drastische Maßnahmen. «Die Party ist vorbei», der Kollaps, welcher 1972 mit der Veröffentlichung der Studie «Die Grenzen des Wachstums» im gleichnamigen Buch prognostiziert wurde, wird im Jahr 2030 oder 2040 genau so eintreffen, wie im Standardszenario veranschaulicht. Deshalb müssen wir JETZT radikal alles ändern und überdenken – dazu gehört u.a. weniger Wachstum – Ein Prozent ist genug. In seinem Buch CHANGE!, welches 2018 erschien, erklärt MAXTON, warum wir die radikale Wende brauchen.  Der Moderator Yves Bossart fragt, wie das gehen soll und warum uns das so schwerfällt. Man hat mir zu meinem Geburtstag Anfang Dezember das Buch CHANGE!, geschenkt – ich hab’s übers Wochenende (14./15./16. Dez 2019) gelesen.

Und ich war natürlich wieder – wie schon vor 25 Jahren bei meiner Lizentiatsarbeit (die genau dieses Thema behandelte) – voll und ganz dabei. Damals im Juni 1995 belächelten die meisten Leute mein Thema; es war ein völlig unpopulärer Titel «Die GEPLANTE SCHWEIZERISCHE CO2-Abgabe ALS TEIL EINER UMFASSENDEN UMWELTSCHUTZPOLITIK», den man damals überhaupt nicht einordnen konnte… Doch schon damals musste ich zur Beurteilung der Wirksamkeit der Lenkungs-Abgabe das Thema «künftige Klimaszenarien» streifen. Es hörte sich alles irgendwie wie ein nicht wahrhabenwollendes Schreckensgespenst an. Und heute? Heute sind wir mittendrin! Der Treibhauseffekt ist inzwischen längst im Gange. Die globalen Auswirkungen, die wir uns vor zwanzig Jahren noch nicht ausmalen konnten, sind bereits Realität geworden. Und das Allerschlimmste?

Wir wissen das alles seit beinahe 50 Jahren! Ich habe es wieder schwarz auf weiß in MAXTONs Buch CHANGE! gelesen und die Grafik angeschaut:

GRAEME-MAXTON_Book_CHANGE_Grenzen-Wachstums_CO2

Dies Grafik zeigt ganz eindeutig, dass die einzigen Szenarien, die nicht zum Kollaps führen darin bestehen, dass alle Faktoren stabilisiert werden, sowohl die Industrieproduktion, die Rohstoffnutzung und die Bevölkerung. D.h. nur wenn all diese Faktoren auf dem Niveau der 1970er Jahre gehalten werden, wird das System langfristig stabil sein.
Leider ist seither so gut wie nichts geschehen. Deshalb befindet sich der Prozess bereits mitten im Gange. Für eine nachhaltige Entwicklung ist es jetzt bereits zu spät. Und es gibt schon die ersten Zeichen des beginnenden Zusammenbruchs: Artensterben, Verschmutzung der Meere, die Zunahme bewaffneter Konflikte im Kampf um Bodenschätze, wachsender Extremismus & Populismus in der Politik, etc.

Das augenscheinlichste Zeichen des beginnenden Zusammenbruchs ist bereits seit einiger Zeit mehr als sichtbar: Der Klimawandel.
und dann gibt es tatsächlich immer noch Leute, die dies bestreiten?! Die nachfolgenden Bilder habe ich am 4. Mai 2019 von unserem Garten gemacht – wohlgemerkt, es hatte bei uns in France im Winter 2018/2019 nur ein einziges Mal “normal” geschneit im Herbst, November 2018. Das zweite Mal dann im Frühjahr, Mai 2019, alle Blätter waren bereits draußen…

Diesen Sommer hatten wir im Juni und Juli 2019 die extreme Hitzewelle und es wurden absolute Rekord-Temperaturen erreicht. Am 25. Juli 2019 bestätigte der deutsche Wetterdienst den Temperaturrekord von sage und schreibe 42,6°C in Lingen.

Und ganz aktuell, jetzt, im Winter 2019, kurz vor Weihnachten liegen bei uns die Temperaturen die ganze Woche im Plus zwischen 14°C und 18°C und Australien verhängt den Ausnahmezustand wegen Buschbränden und erlebt mit Hitzetemperaturen den heißesten Tag der Geschichte die durchschnittliche Maximaltemperatur am 17.12.2019 betrug bei 40,9 Grad – grazy!

Da wir den Kipppunkt bereits erreicht haben, ist es für eine nachhaltige Entwicklung zu spät. Deshalb wird unsere Hauptaufgabe darin bestehen: Den negativen Rückkopplungsprozess in den Griff zu bekommen. Vor diesem Hintergrund bekomme ich persönlich eine Krise, wenn ich an das Scheitern der UN-Klimakonferenz in Madrid denke – tragisch, dass die Politiker immer noch nicht begriffen haben, dass uns die Zeit davon läuft und dass JETZT gehandelt werden muss.

Es ist nicht mein Ziel Angst zu schüren, Panik zu verbreiten oder dieses Buch hier zu preisen. Ganz im Gegenteil. Ich möchte informieren und ich möchte zumindest die Gedanken, die für einleuchtend waren, hier interpretierend darlegen. Beispielsweise beeindruckte mich die Idee der drei großen Anreize, welche Regierungen zur Finanzierung der Wende anbieten könnten:

  1. Die Steuern auf Arbeit deutlich senken: Als Entschädigung für die höheren Preise. Damit sinken ebenso die Lohnnebenkosten => Realeinkommen steigt.  => Unternehmen würden motiviert, weitere Arbeitskräfte einzustellen. Stattdessen Ressourcenverbrauch, Energie, Emissionen, Unternehmen & Reiche besteuern.
  2. Vorgeschriebene Urlaubstage erhöhen => mehr Freizeit für Arbeitnehmer. => Arbeit kann shared werden, Arbeitslosenrate wird gesenkt => Wohlstand umverteilt => Menschen glücklicher.
  3. Neu-Definition bezahlter Arbeit: Kinderbetreuung und Pflege wird künftig bezahlt => Erwerbsbevölkerung wird erhöht => Einkommen wird umverteilt, ohne das BIP zu erhöhen, ohne Resourcenverbrauch, Energie oder Umweltverschmutzung zu steigern.

Finnland ist Vorreiter: Am Montag konnte man in den Medien lesen, dass Sanna Marin, jüngste Ministerpräsidentin in der Geschichte Finnlands und jüngste Regierungschefin weltweit, die 4-Tage Woche und der 6-Stunden-Tag fordert bei vollem Gehalt. Das macht produktiver, glücklich & damit gesünder!
Finnland_24-Stunden-Woche

Auch die Ansätze und Lehrmeinungen an den Universitäten gehen bei einem Forecast bezüglich der Prognose einer Welt in dreißig Jahren in die ähnliche Richtung: Die Rektorin der Universität Basel Prof. Dr. Dr. h.c. Andrea Schenker-Wicki skizzierte unlängst, am 5. September 2019 beim Jubiläumsanlass der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät die möglichen künftigen Szenarien der «Ökonomien der Reife» / «The New Normal»:

  • Geringes oder gar kein Wirtschaftswachstum in Europa
  • Fokus auf qualitatives Wachstum
    • Sustainability, Endlichkeit der natürlichen Ressourcen
  • Neue Businessmodelle:
    • Shared Economy, Cradle to Cradle, 3 R (Reuse, Reduce,
      Recycle)
  • Veränderung der Kapitalmärkte
  • Staatliche Gelder werden knapper, da Steuersubstrat kleiner wird.

Gegen Ende des Buches erhält der Leser auch die viel gesuchte Antwort des Autors auf die Frage: “Was kann ich tun?“. Ganz ernüchternd lesen wir «Als Einzelperson leider nicht viel». Was zunächst frustrierend klingt, argumentiert MAXTON auf viereinhalb Seiten. Und dann präsentiert er eine ausführliche TO-DO-LISTE, die für viele schockierend sein wird – nachfolgend nur ein Ausschnitt der beiden ersten Seiten – immerhin habe ich mein Haus bereits isolieren lassen, mal sehen, was noch kommt, on verra!

GRAEME-MAXTON_Book_CHANGE_To-Do-Liste

Leute, es MUSS etwas geschehen und wir können ALLE etwas dazu beitragen, damit unsere Kinder und Enkelkinder noch gut leben können.
Wir tragen die Verantwortung!

Last but not least, für alle, die das Buch zum Lesen nicht vor sich haben. Vielleicht finden sie eine gute Stunde für den Beitrag vom Oktober, hier der Link zur 3SAT Sternstunde ».. oder das YouTube-Video anklicken.

Today, we’ll be discussing the future of humanity, no less. Heute geht es um nichts Geringeres, als um die Zukunft der Menschheit.

Weiterführende Links zum Thema: